Blog /
Die erste CD der Box enthält erwartungsgemäß die bekannten Klassiker des Duos:“Colour-ise“, „Dark Star“, „Reincarnation“ aus der frühen Schaffensperiode sind selbstverständlich dabei, ab dem fünften Studioalbum „Kasmodiah“ ist die Auswahl dann an den Singleauskopplungen festgemacht. Dagegen präsentiert die zweite CD die „heimlichen“ Hits der beiden Künstler selbst. Obwohl chronologisch sortiert, ergibt sich hier tatsächlich eine in sich schlüssige und durchaus harmonische eigenständige Veröffentlichung.
Langjährige Fans wird es dabei nicht überraschen, dass das von der Chartplatzierung her erfolgreichste Album dabei nur mit einem Titel – „Kasmodiah“ eben – vertreten ist. Dieser ist dann auch direkt in ein neues harmonisches Gewand gekleidet, was der intimen Intensität dieses Stückes aber keinen Abbruch tut. Aber auch Zuhörer, die mit dem Lakaien-Werk noch nicht vollständig vertraut sind, können sich einen Eindruck von der Variabilität der Gruppe verschaffen: Die neuen Versionen von „Colour-ize“ und „Love Me To The End“ lassen sich direkt mit den Originalversionen auf der ersten CD vergleichen und werden auch Fans positiv überraschen.
Während sich die 2-CD Edition eher an Neueinsteiger richtet, sollten Fans sich auf jeden Fall die 4-CD Edition gönnen, denn die letzten zwei CDs sind einfach umwerfend! Zunächst lässt sich feststellen, dass „Crystal Palace“ ganz anders hätte ausfallen können. Allein die Hälfte der zehn bisher unveröffentlichten Songs auf CD3 stammt aus der Produktionszeit dieses letzten Lakaien-Albums und steht qualitativ auf einer Stufe mit den Stücken, die auf dem Album finden. „Black Cat“ kann mit seinem wunderbaren Hook dem bekannten Tanzflächenfeger „Farewell“ locker Konkurrenz machen. „What’s on Your Mind“ und „Frozen Screams“ sind typisch treibende Lakaien-Balladen, wobei letzteres eher ungewohnte Brüche zeigt, während das erstere Stück einen buchstäblich in den Arm nimmt. „One By One“ besticht durch poetische Weite, Synthesizer zwischen Rauschen und kühlen Harmonien verursachen Gänsehaut und lassen den Wunsch aufkommen, dieses Stück möge sich doch bitte, bitte im Repertoire der kommenden Retrospektive-Konzerte finden. Auch sonst lässt sich auf dieser Scheibe viel Dunkles und Experimentelles aus verschiedensten Perioden der letzten 30 Jahre entdecken. Dazu gesellt sich eines der zwei Covers, die Deine Lakaien je aufgenommen haben – „It’s Alright Ma“ vom diesjährigen Literaturnobelpreisträger Bob Dylan.
Abgeschlossen wird die Sammlung mit bisher unveröffentlichten Live-Aufnahmen, die die letzte CD füllen. Darunter finden sich absolute Juwelen, von denen man froh ist, dass sie für die Ewigkeit konserviert wurden. Kam „Lass Mich“ auf „Kasmodiah“ vielen befremdlich vor, so war doch die Live-Performance absolut schlüssig, wie hier überzeugend festgehalten. „Frühlingstraum“ ist in der Acoustic-Variante einfach atemberaubend schön. Das einmalige Konzert in der Neuen Nationalgalerie von dem die Aufnahme stammt, liegt zwar schon 15 Jahre zurück, aber die Erinnerung daran wird nicht zuletzt auch lebendig durch „Generators“. Beide Stücke waren seit dem nicht mehr im Programm der Acoustic-Konzerte – schade eigentlich. „Pilgrim“ hat sich während der Crystal Palace-Tour stark entwickelt, wie das bei den Live-Darbietungen von Deine Lakaien häufiger vorkommt. Hier ist die ausgereifte, wirklich wunderbare Endvariante zu hören. Die Retrospektive klingt aus mit, und das wird die Fanherzen höher schlagen lassen, mit den frühen Live-Aufnahmen von „On The Way To Narmada“ und „Bells Of Another Land“.
von CM