Das Interview fand vor seinem Auftritte beim 10. Wave Gothic Treffen 2001 statt.
Alexander Veljanov ist bereits seit 1986 musikalisch aktiv und wurde vornehmlich als Sänger der Band „Deine Lakaien“ bekannt. Sie veröffentlichten 1986 ihr „1st Album“ und hatten mit ihrem zweiten „Dark Star“, aus dem Jahre 91 einen Szenehit. Mit ihrem 6. Album „Kasmodiah“ dann, gelang ihnen der Einstieg in die Top Ten der Media Control Charts. Bereits ein Jahr zuvor, im Jahr 1998, hatte Alexander Veljanov sein erstes Soloalbum veröffentlicht: „Secrets Of the Silver Tongue“. Auf diesem mied der „Deine Lakaien“ Sänger jegliche Stilelemente wie man sie von „Deine Lakaien“ her kannte. Dadurch klang „Secrets Of the Silver Tongue“ zu gewollt und gezwungen. Sein nunmehr 2. Soloalbum „The Sweet Life“ klingt da schon wesentlich entspannter.
Alexander Veljanov: Entspannter ist es sicher. Das erste Album war natürlich erstmal so ein Standpunkt das man sagt: „Ich möchte nicht gefragt werden, warum ich als Solist auch noch veröffentliche?“ Somit war es naheliegend eher auf Elektronik erstmal zu verzichten da ‘Lakaien’ ja bekannt sind für sehr intelligente und einzigartige Elektronik. Wie gesagt als Sänger einer Band sollte man ja auch, wenn man schon Solistisch arbeitet, auch etwas Alternatives anbieten das zwar gewisse Parallelen hat aber eben auch eine Berechtigung, sonst würde es ja auch keine Sinn machen Solistisch zu veröffentlichen. Beim zweiten Album dachte ich mir: „Ja gut, das hast du jetzt klar gemacht mit dem ersten Album, dass das doch etwas anderes ist als ‘Deine Lakaien’“. Aber ich habe ja keine Lust jetzt gewisse Berührungspunkte panisch zu vermeiden, denn ich bin die gleiche Person ich bin die gleiche Stimme und ich weiss was ich bei Lakaien mir selbst mit meinem Partner für ästhetische Grenzen setzte und ich weiss was mich als Musiker darüber hinaus noch interresiert und das werde ich auch in meinem Soloprojekt weiterhin verfolgen.
Man merkt dem Album deutlich an wie vielseitig Alexander Veljanovs Musikgeschmack ist. Das führt dazu, dass man den Eindruck gewinnen kann er hätte seinen Musikstil noch nicht gefunden.
Alexander Veljanov: Das Album soll alle Facetten aufzeigen. Es sind sehr sehr dunkle Momente und es sind auch finde ich sehr sonnige Momente. Das war die Vorgabe, ich wollte wirklich den ganzen Fächer musikalisch aufzeigen. Das mag dem ein oder anderen zu weit gehen in der Vielfältigkeit, für mich persöhnlich war es eine große Herausforderung und ich bin sehr glücklich und man hört dem Album auch an das es sehr entspannt entstanden ist und es wirkt wie du auch gesagt hast auf viele sehr entspannt.
Die sehr positive Grundstimmung des Albums gipfelt in dem Stück „Chains Of Steel“ in ein würdiges Finale. Ein Stück das sich, ohne jemals peinlich zu wirken, des Kitsches oder bei gängigen Klischees bedient. Dennoch wurde an das Ende des Albums ein mazedonische Version des Titelstückes „The Sweet Life“ gestellt.
Alexander Veljanov: Naja mit „Chains of Steel“ die Leute zu entlassen fand ich dann doch etwas gewagt ehrlich gesagt. Weil das doch die vielleicht sonnigste Nummer ist die ich den Leuten bisher angeboten hab im Laufe meiner langjährigen Karriere und das ist der Albumtitel und ich wollte diese Klammer. Für mich war von Anfang an klar, daß ich den Song auf jeden Fall mazedonisch probieren möchte weil er eben auch gewisse Merkmale aufweist die durchaus als exotisch zu bezeichnen sind und ich habs versucht und es hat mir sehr gut gefallen und ja ich fands passend. Es ist ja auch durchaus unterschiedlich arrangiert, obwohl die Stücke sind identisch aber ich habe viele Interviews auch gegeben wo man eben nicht wusste, daß das, das gleiche Stück sein soll. Also es gibt Leute die hören das gar nicht.
Alexander Veljanovs zweites Soloalbum „The Sweet Life“ wurde von niemand geringerem als David Young produziert. Dave Young hat in seiner Karriere als Produzent schon mit so unterschiedlichen Musikern wie Duke Ellington, David Bowie oder Nico zusammengearbeitet. Doch neben seiner Funktion als Produzent hat er bei „The Sweet Life“ auch beim Songwriting mitgewirkt.
Alexander Veljanov: Ich war sehr viel in London, die Songs sind in London entstanden zusammen und die ersten Aufnahmen auch in London und dann die Schlussproduktion war in Berlin mit dem ganzen Abmixen. Aber ich kenne David Young schon sehr lange und das war nicht kompliziert, man wollte ja zusammen dieses Album schreiben das war nicht so, dass ich mir einen internationalen Produzenten von der Plattenfirma hab besorgen lassen sondern ich kenne David Young schon sehr lange und er wollte dieses Album mit mir machen und ich auch mit ihm.
Während David Young in London zu Hause ist, so lebt Alexander Veljanov in Berlin. Eine räumliche Distanz bei der die Nutzung von Kommunikationsmedien, wie zum Beispiel email sinnnvoll erscheint.
Alexander Veljanov: Es ist natürlich eine hervorragende Möglichkeit sich Nachrichten zu senden und Informationen zu bekommen. Aber wir haben tatsächlich sehr sehr viel persöhnlich zusammen erarbeitet und dann dazwischen natürlich immer wieder dann die Möglichkeiten genutzt. Aber wir haben sehr sehr viel Zeit zusammen verbracht, beim Songwriting und dann beim ersten vorproduzieren bis hin zum finalen Aufnehmen in Berlin das alleine schon ingesamt 6 Wochen in Anspruch genommen hat. Aber die ganze Produktion hat sich wirklich von April bis November erstreckt.
Hat bei „The Sweet Life“ Dave Young neben der Produktion auch beim Songwriting mitgewirkt so übernimmt dies bei „Deine Lakaien“ fast ausschliesslich Ernst Horn. Sind die Arbeitsweisen dieser beiden aussergewöhnlichen Produzenten und Musiker vielleicht miteinander vergleichbar?
Alexander Veljanov: Nee das kann man überhaupt nicht vergleichen. Allein schon dadurch, daß Ernst klassischer Musiker war und da eben auch diese Schule mitgemacht hat und David Young eben so wirklich aus diesen spät 60er Psychedelic Rock Vorzügen noch immer lebt und schöpft und eben immer aktiv im Rock und Popgeschäft gearbeitet hat. Aber sie sind sich in einem sehr ähnlich und das ist vielleicht auch ein Grund warum ich mit beiden gut arbeiten kann. Sie sind beide sehr sehr interressiert daran eine Stimme so umzusetzen, daß sie a)in der Musik gut harmoniert aber andererseits auch den Song nicht vernachlässigen. Das ist bei beiden ist glaube ich der Song das wichtigste und ein guter ist eben wriklich das wichtigste, auch für mich und das ist eben das schöne, daß man auch mit diesem Material verschiedene Liveversionen machen kann. Ich kann mich hinstellen, wie jetzt gestern zum Beispiel, und mit einer Chello Begleitung einen Lakaien Song machen und ich kann mich jetzt auch mit einer Band hinstellen und die Sachen machen die David und ich im Studio gemacht hatten. Das ist immer ein Zeichen dafür, das man gute Songs hat und das es nicht nur von irgendeinem Arrangement lebt.
Insgesamt finden sich drei Coverversionen auf „The Sweet Life“. Neben „In My Room“ und „Black Girl“ singt Alexander Veljanov auch „Das Lied vom einsamen Mädchen“, welches zu letzt von Nico im Jahre 85 gecovert wurde. Der Song ist auf eben jenem Nico Album zu finden welches von David Young mitproduziert wurde. Insgesamt gesehen scheint die Auswahl der Coverversionen recht bunt zu sein.
Alexander Veljanov: Das hat ganz unterschiedliche Gründe, aber es ist auch nicht so bierernst. Oft ist es so, daß man in einem Gespräch auf einen Song kommt und dann macht man den irgendwann mal und dann landet er vielleicht auch mal auf einer Platte. „In My Room“ habe ich zum Beispiel schon auf meiner ersten Solotournee gemacht und das hat den Weg aufs Album jetzt gefunden, in einer anderen Version natürlich, sehr orchestral sehr voll von großem Gefühl und „Das Lied vom einsamen Mädchen“ wiederrum ist entstanden weil David Young damals das „Nico“ Album mit John Cale aufgenommen hatte und ich das Album immer sehr mochte. Deswegen haben wir uns für dieses Lied entschieden, daß ja auch schon über 60 Jahre auf dem Buckel hat. Es sind die unterschiedlichsten Gründe warum man sich für einen Song entscheidet allerdings, die Vorraussetzung ist immer, daß ich mich als Interpret herausgefordert fühle. Also ich sehe mich wirklich auch nicht nur als Sänger der Songs die er selbst textet oder mitkomponiert oder die für ihn geschrieben werden aufnimmt, sondern ich möchte auch wirklich als Interpret älterer Songs mich beweisen und auch abwegige Dinge machen wie z.B. auch Ledbetter oder auch „Das Lied vom einsamen Mädchen“ und durchaus auch Leuten Musik anbieten, die lange lange vor ihrer Zeit stattgefunden hat und auch lange lange vor meiner Zeit denn „Black Girl“ ist aus den 20ern und 30ern, 40ern eben „Das Lied vom einsamen Mädchen“, „In my Room“ aus den 50ern, da war ich auch noch nicht auf der Welt. Insofern sollte man die Chance nutzen die reichhaltige Musikgeschichte nicht nur für sich selbst kennenzulernen sondern auch weiterzugeben und das ist eine gute Möglichkeit mit solchen Versionen zum Beispiel.
Die Reaktionen der Presse auf Alexander Veljanovs zweites Soloalbum sind recht positiv ausgefallen. In einigen wenigen Zeitschriften, wie dem Intro zum Beispiel, steht jedoch etwas von ‘Ex-Deine Lakaien’. Eine unsinnige Bemerkung, schliesslich sind die Musiker doch bereits im Studio und arbeiten an ihrem 7. Album.
Alexander Veljanov: Ja das ist natürlich so, es gibt gewisse Magazine die die Lakaien ja nicht unbedingt verehren und beim ersten Soloalbum habe ich das bitter spüren müssen, daß dort teilweise auch das Soloalbum gelobt wurde aber immer schön mit dem hämischen Beisatz, daß diese blöden in Klammern „Lakaien“ nicht mehr exestieren. Das war natürlich eine Lüge und ich habe das in den Interviews auch immer klargestellt, daß das nicht der Fall ist und jetzt ist es wieder so, das natürlich so jemand der da bei Intro sitzt und saß da also „Ex-Deine Lakaien“ hinschreiben muß, entweder weil er ganz schlechter Journalist ist oder weil er eben das gerne möchte. Um vielleicht eine Freundin zu ärgern, eine Ex-Freundin die ihn mit Lakaien genervt hat. Kommt ja öfter vor, daß Journalisten Freundinnen haben die Musik hören, die sie dann danach nicht mehr so mögen, wenn die Freundin weg ist.
Ein anderer Radiomoderator wiedderum wollte Alexander Veljanov gar zum Grand Prix einladen.
Alexander Veljanov: Ja ich wurde gefragt, ob ich da mitmachen würde weil der Kollege von dir, glaube ich „Fly Away“ als so hymnisch empfunden hat und so weltumspannend, daß er mir da Chancen auf den Grand Prix hätte einrechnen wollen. Für Deutschland würde ich das nicht machen, dazu ist diese Veranstaltung in Deutschland viel zu sehr verblödet und verspiessert aber für so ein kleines Land was kaum jemand kennt, allein um dem Land zu ein bisschen öffentlicher Aufmerksamkeit zu verhelfen würde ich das machen und ich bin auch völlig davon überzeugt, daß dort un din angrenzenden Regionen mit die schönste Musik der Welt exestiert und ne Musik die durchaus auch weltweit geliebt wird. Wie man zum Beispiel an den sehr berühmt gewordene bulgarischen Frauenchören kennt, diese Musik ist ja sehr verwandt, das ist ja im Grunde ein Ursprung.
„The Wind“ ist das vielleicht poppigste Stück auf dem ganzen Album. Angesichts des heutigen Kampfes in den Top Ten reicht es eigentlich nicht mehr „nur“ einen Popsong zu schreiben. Vielmehr sind die Hits von heute medienübergreifend durchgeplant.
Alexander Veljanov: Ja gut das ist aber ein Unterschied ob du eine Hitsingle hast die in den Top Ten landest oder ob du als Albumkünstler da viel Platten verkaufst und „Deine Lakaien“ waren immer eine Albumband und haben tatsächlich mit „Return“ das allererstemal eine Single veröffentlicht. Eine Single macht man gerne um ein Album anzukündigen, daß finde ich auch sehr sinnvoll. Ich bin kein Freund davon fünf Singles aus einem Album auszukoppeln und insofern ist der Singlesektor für mich als Künstler auch nicht sehr reizvoll, denn wenn man sich überlegt, daß Radiostationen sich weigern Songs zu spielen die länger als vier Minuten sind da ist eigentlich schon viel gesagt und da muß man nichts mehr dazufügen, was es bedeutet in Deutschland einen Singelhit zu landen, als nationaler Künstler. Natürlich etablierte Leute die sich nie wirklich angepasst haben wie „Die Ärtzte“ sage ich mal machen alles mögliche. Die haben neulich glaube ich eine Single gemacht die war eine Minute lang und dieses Thema „Nicht länger als vier Minuten“ haben die da wirklich nochmal richtig auf den Punkt gebracht und auf diese Art und Weise. Aber wie gesagt ja ich finde es wichtiger von seinen Alben über lange Zeit weitergeben zu können. Also wenn ich sehen, ich war gerade auf einer Autogrammstunde hier in Leipzig, da stehen junge Leute 18-19 und haben Alben oder CDs dabei die ich vor 10 Jahren veröffentlicht hab. Das ist ein sehr schönes Zeichen, daß man eben zeitlos Musik macht für verschiedene Generationen, sage ich mal und eben unabhängig von Trends und Singlehits und wenn man sich überlegt wie viele Leute „Dark Star“ kennen, dann hätte das eigentlich ein Top Ten Hit sein müssen oder vielleicht sogar eine Nummer Eins über die Jahre verteil. So gefällts mir besser, lieber Kult und langlebig als für einen Sommer einen großen Hit.
In der Tat sind es denn auch die Albumverkäufe die das eigentlich lukrative Geschäft für die Majors darstellen. Doch ist ein Singlehit immer auch eine gute Möglichkeit das dazugehörige Album besser zu vermarkten. Aber wie weit würde Alexander Veljanov gehen? Würde er zum Beispiel auch in den komplett durchkommerzialisierten ‘Top of the Pops“ auftreten?
Alexander Veljanov: Das ist ne gute Frage, die hat sich nämlich schon mal gestellt, als das „Kasmodiah“ Album bei Lakaien so hoch in die Charts gegangen ist. Ich muss ehrlich sagen ich weiß es nicht. Ich finde einerseits ist es durchaus legitim sich jeden Medienplatz den man erreichen kann auch dann mit Stolz und Charakter anzunehmen und zu zeigen wer man ist ohne das drumherum auch nur im geringsten zu fördern und zu schätzen. Natürlich gibt es sehr alberne Veranstaltugen im Fernsehen aber wie gesagt, warum soll irgendeine zusammengestellt Teeniband dort den Platz einnehmen der eigentlich dann in dem Falle mir zustehen würde. Insofern, Kampfgeist ist da, aber man muß natürlich aufpassen, daß man nicht seine eigene Haltung verliert dabei, und es gibt ja auch Beispiele von sehr intelligenten Bands äußerst cool und umwerfend mit solchen Situationen umgegangen sind also nicht nur Top of the Pops ich mein, daß hat sich ja früher auch schon gestellt als auf einmal Anfang der 80er Ende der 70er Punk Bands in den Englischen Top Ten gelandet sind und die haben das ja auch gemac
Als Alexander Veljanov seine Karriere 1986 begann war die Stilrichtung seiner Musik noch eindeutig im Independent und Alternative Bereich anzusiedeln. Das hat sich spätestens mit dem Top Ten Album „Kasmodiah“ von „Deine Lakaien“ geändert. Eine erhebliche Entwicklung, die jedoch gut 15 Jahre gedauert hat.
Alexander Veljanov: Ja gut ich muß eigentlich sagen, daß es mich Anfang der 80er als das sogenannte Wavezeitalter zusammenbrach, ich mich überhaupt nicht mehr für wirklich populäre Musik interressiert hab oder ganz beiläufig nur noch weil doch das wesentlich spannendere sich eindeutig im Independent und Alternativ Bereich abgespielt hat. Das hat sich geändert. Unter anderem auch durch Bands wie „Deine Lakaien“ die es geschafft haben ohne große Millionenbeträge die von großen Firmen zur Verfügung gestellt werden ihre Musik zu verkaufen. Also im wahrsten Sinne des Wortes an Fans, die die Musik in Clubs und bei Konzerten kennenlernten. Und ich denke, daß sich einiges geändert hat, einerseits hat man eine unglaubliche Vielfalt in den Plattenläden stehen und zwar nicht mehr nur begrenzt auf Spezialläden sondern auch in großen Ketten kann man sehr seltene und sehr spezielle Musik finden und ich glaube auch das Käuferverhalten hat sich auch verändert, denn sogennante Alternativ oder Independent Produktionen die musikalisch vom gängingen Schema abweichen verkaufen mehr Platten denn je alles zusammengenommen und heutzutage ist es nichts besonderes mehr, daß Künstler wie Portishead oder Nick Cave in den Top Ten sind die früher auch keine Möglichkeit hatten dort oben sich zu plazieren und das gleiche gilt natürlich auch für nationale Künstler und glücklicherweise auch für einige Sachen die ich mache.
Neben dieser Entwicklung ist aber auch in den letzten Jahren der Einfluss der Girl- und Boygroups immer grösser geworden. Also das Phänomen, dass eine Band für einen Nummer 1 Hit von der Industrie zusammengestellt wird.
Alexander Veljanov: Es ist natürlich heutztage ein Fakt, daß ein großer Anteil des deutschen Musikmarktes bestimmt wird und okkupiert wird von Fast Food Produkten die eben in Kombination mit Privatsendern und irgendwelchen seltsamen Fernsehsendungen und Serien unbekannte Leute für fünf Minuten zu Stars machen und Geld damit. Nicht unbedingt für die Leute die da quasi sich nach vorne stellen sondern hauptsächlich eben für irgendwelche geldorientierten Produzenten undsoweiter. Das ist ein sehr großer Anteil am deutschen Musikmarkt und dann gibts eben auch Veröffentlichungen die Künstler fördern die seit vielen Jahren ernsthaft versuchen Musik zu machen, ob das nun Pop oder sonstige Musik ist, ist völlig egal. Da muß man eben kämpfen in den Charts und überall, um Plätze und das sollte auch jeder machen, denn man kan das Feld nicht überlassen den total verblödeten oder total verblödenden.
In der Biografie die unter www.veljanov.de nachzulesen ist, steht als Anspielung darauf: „Wenn der Romantiker den Zyniker besiegt…“. Ein Kampf der gerade in dem Musikgeschäft ein sehr harter gewesen sein muss.
Alexander Veljanov: Ich denke mal, das zu diesem Beruf eine sehr große Portion Romantik dazugehöhrt, sonst könnte man ihn nicht machen und wenn das Musikmachen so sehr in den Hintergrund tritt, und andere Verpflichtungen die mit dem Musikmachen eben zu tun haben überhand nehmen, dann schützt einen oft Zynismus vor bleibenden Schäden. Aber wenn eine Phase abgeschlossen ist, in der mann ein Album eben nur noch promotet und immerwieder präsentieren muss und es geht wieder darum ein neues Album mit neuer Musik anzugehen, dann ist es bei mir zumindest immer noch so, daß der Zyniker wieder eingepackt wird und das ist wahrescheinlich auch ein gutes Zeichen, daß man sich nicht völlig verbraucht hat.
Auf „The Sweet Life“ findet sich ja wie bereits erwähnt auch eine mazedonische Version des Titelstücks. Wie sieht Alexander Veljanov sein Verhältnis zu Mazedonien?
Alexander Veljanov: Ja ich bin kein Ex-Mazedonier, das klingt so komisch ich bin halb Deutscher halb Mazedonier und hab Familie dort auch und informier mich natürlich immer wie es aussieht und das ist ja… tagtäglich kann sich da was ändern wie man jetzt auch wieder vor einigen Tagen erfahren hat. Ja ich hoffe, dass die internationale Politik es schafft den Krisenherd zumindest in den Griff zu bekommen und das auf längere Sicht sich eben die vielen ethnischen Gruppen auf dem Balkan und nicht nur auf dem Balkan sondern auf der ganzen Welt endlich mal gegenseitig so leben lassen das keiner Schaden nimmt und man sieht ja auch was in Israel jetzt wieder passiert das es momentan nicht nur dort auf dem Balkan sondern auch in anderen Gegenden wo es immer schon schwierig war sehr massiv zur Sache geht. Wir haben natürlich momentan den großen Nachteil, das wir in den Vereinigten Staaten die ja nun nach dem Wegfall des Gegensystems die Rolle der Weltpolizei übernehmen durften, konnten, mussten, wollten, haben wir leider einen sehr dummen Präsidenten und einen sehr uninterresierten und wirklich nach innen gerichteten Präsidenten der natürlich nicht dazu beiträgt, daß der Weltfrieden gefördert wird.
Eine ebenfalls sehr harte Linie vertritt der neue Präsident der Vereinigten Staaten auch im Kampf gegen die sogennante Cyberkriminalität. Das dabei auch durchaus die Privatsphäre des Individuums verletzt werden kann nimmt George W. Bush in Kauf. Den Kampf gegen die Musikpiraterie führen dagegen die grossen Majors. Allen voran Bertelsmann, die sich ja durch einen geschickten Schachzug bei der Internettauschbörse ‘Napster’ eingekauft haben. Seitdem hat sich die Anzahl der downloadbaren Titel stark reduziert. Davon sind auch die aktuellen Veröffentlichungen von „Deine Lakaien“ und Alexander Veljanov betroffen.
Alexander Veljanov: Ich hab nichts dagegen wenn, ich sag mal kids, junge Leute die nun wirklich nicht ein paar tausend Mark jeden Monat zur Verfügung haben sich Sachen kopieren, daß hat man früher gemacht mit Kassetten und das ist auch völlig legitim, dazu sind die CDs auch viel zu teuer. Man kann nicht erwarten, daß wenn eine CD 30,- DM kostet da mehr als ein paar im Monat rauskommen bei. Grundsätzlich muß man natürlich unterscheiden zwischen organisierter Kriminalität und so diesem wie gesagt privatem Nutzen. Insofern, Kriminalität muß man natürlich bekämpfen, es kann nicht angehen wenn Alben schon wochenlang vor Veröffentlichungtermin in rauen Mengen angeboten werden auf illegalem Weg.
Während im Internet diverse Tauschbörsen den grossen Majors das Leben schwer machen so scheint in der hiesigen Radiolandschaft das Formatradio ein kaum zu bezwingender Gegener. Die Entwicklung hin zum Formatradio fand dabei in etwa zeitgleich mit der Entwicklung von Popprodukten wie etwa „Blümchen“ statt.
Alexander Veljanov: Ja das ist eine Katastrophe. Größtenteils arbeiten da völlige… also das sind für mich keine Radiojournalisten mehr oft. Es gibt natürlich noch welche aber Formatradio das ist ja alles nur noch… die müssen Verkehrsstaus melden und das Wetter ansagen und der Computer spielt von selbst das was in den Top 40 Airplaycharts rauf und runter gedudelt wird und ja… . Es ist eine Entwicklung die leider leider nicht so ist wie in Amerika. Wir haben kein grosses mächtiges Collegeradio System, was ich überhaupt nicht verstehe, denn es gibt so viel Studenten und es gibt soviel engagierte Musikfreunde die eben auch in den Journalismus gehen wollen und dieses Collegeradiosystem Amerikas das ist bei uns leider noch nicht so stark, aber vielleicht kommt das ja.
Dieses Interview wurde Colour-Ize zur Verfügung gestellt - vielen Dank an den Autor Jens Baudisch
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